„Darüber hab ich noch nie nachgedacht!“ Gehören zusammen: Klimaschutz und Barrierefreiheit
Im Jahr 2024 haben wir es auch in Hamburg eindrücklich erlebt: Extreme Wetterlagen wie Starkregen, Gewitter und Sturm, aber auch große Hitze nehmen zu. Sie können sehr gefährlich sein und unseren Alltag stark beeinflussen. Gerade Menschen mit Behinderung sind von den Folgen erheblich betroffen. Deshalb stand unser Fachtag im November unter dem Titel „Hamburg als klimagerechte Stadt für alle – Barrierefreiheit mitgedacht.“
Auf dem Programm standen unterschiedliche Aspekte von Klima- und Hitzeschutz in Hamburg sowie Maßnahmen in Bezug auf Starkwetterlagen. Diese betrachteten wir immer auch mit dem Blick auf Barrierefreiheit. Die Resonanz war groß. Über 50 Menschen aus Politik und Verwaltung, Planungsbüros, Stiftungen sowie der Selbsthilfe behinderter Menschen konnten wir am 13. November 2024 im Haus für Barrierefreiheit begrüßen.
Einem Grußwort des Staatsrats der Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft, Anselm Sprandel, folgte eine bunte Reihe von Beiträgen, die das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchteten. Als Moderatorin führte Anna Dobert, Kompetenzzentrum, durch das Programm.
Den Auftakt machten Joachim Becker, Kompetenzzentrum, und Karin Rogalski-Beeck, Vorsitzende des Hamburger Landesseniorenbeirat. In ihrem Gespräch vermittelten sie eindrücklich, dass Senioren besonders von den Herausforderungen des Klimawandels betroffen sind und hier verlässliche, strukturelle Lösungen vonnöten sind. So müssen beispielsweise im Evakuierungsfall bei Überflutungen Informationen und Hilfe barrierefrei verfügbar sein. Ein akustisches Signal allein kann hier nicht ausreichen. Genauso darf die Verantwortung für die Rettung vulnerabler Personen nicht auf Nachbarn abgeschoben werden.
Von der Gesamtplanung zum konkreten Detail – die Vorträge
Johanna Reisch vom Architektur- und Planungsbüro Henning Larsen stellte ein Planungstool vor, welches sie und ihr Team nutzen, um Quartiere klimaangepasst zu planen. Wasser- und Grünflächen sind dabei wichtige Elemente. Diese auch barrierefrei zu gestalten, ist durchaus eine Herausforderung.
„Inklusive städtische Räume - für alle zugänglich und den klimatischen Veränderungen gewachsen?“ Diese Frage stellte Stephanie Keßler aus der Senatskanzlei Hamburg. Sie berichtete über das EU-Projekt InclusiveSpaces. Ziel des Projektes ist es, Konzepte für Barrierefreiheit gemeinsam mit Menschen mit Behinderung und älteren Menschen zu erstellen, um die Inklusivität, den sozialen Zusammenhalt und die Anpassung an den Klimawandel zu stärken. Die entwickelten Lösungen werden in verschiedenen europäischen Städten getestet und ausgewertet, so auch in Hamburg.
In Kirya Heinemanns Vortrag ging es um das Forschungsprojekt BlueGreenStreets 2.0 der HafenCity Universität Hamburg und um seine Schnittstellen zur Barrierefreiheit. Ziele des Projekts sind unter anderem:
- Straßenräume wassersensibel zu gestalten
- Aufenthaltsqualität im Raum zu schaffen
- Hitzevorsorge durch Verdunstung und Verschattung zu unterstützen
Die dafür entwickelten Elemente, die zum Beispiel Regenwasser zur Bewässerung von Straßenbäumen nutzen, dürfen keine neuen Barrieren im Straßenraum schaffen. Deshalb ist es dem Projekt wichtig, die Grundlagen der Barrierefreiheit von Anfang an mitzudenken und hat auch das Kompetenzzentrum für ein barrierefreies Hamburg beratend einbezogen.
Im nächsten Vortrag berichtete Carsten Sempf, Fachamt Management des öffentlichen Raums Wandsbek, wie der Eichtal-Park zum Eichtal Klima Park umgestaltet wird. In seinem Vortrag ging er besonders darauf ein, welche Maßnahmen ergriffen wurden, um die einzelnen Elemente des Parks möglichst barrierefrei zu gestalten. So wurden gut berollbare Weg- und Stegoberflächen ausgewählt und darauf geachtet, dass Rollstuhlfahrende und Kinder die Trinkwasserspender einfach nutzen können.
Robin Lenz erläuterte in seinem Vortrag zur E-Lade-Infrastruktur in Hamburg, welche Pläne es gibt, um zukünftig möglichst viele E-Lade-Säulen in der Stadt barrierefrei zugänglich und bedienbar zu machen. Er arbeitet im Projekt eMissionGreen der Behörde für Wirtschaft und Innovation
Klimaschutz vor Barrierefreiheit?
Unter dem Titel „Freie Fahrt für das Klima?“ zeigten Sylvia Pille-Steppat und Joachim Becker – beide Kompetenzzentrum für ein barrierefreies Hamburg – auf, dass Menschen mit Beeinträchtigungen oder chronischen Erkrankungen häufig mehr unter den Auswirkungen des Klimawandels leiden als andere. Eindrücklich stellten sie dar, dass durch technische Neuentwicklungen bzw. Maßnahmen für den Klimaschutz oftmals neue Barrieren entstehen. Sie wiesen darauf hin, dass zum Erreichen der Klimaschutzziele hohe finanzielle Ressourcen bereitgestellt werden und diese zum Teil mit Maßnahmen zur Verbesserung der Barrierefreiheit kombiniert werden können.
Zum Abschluss der Veranstaltung gab es dann ein gelungenes Beispiel für solche Synergieeffekte von Klimaschutzmaßnahmen und Barrierefreiheit. Cornelia Zolghadri (Kompetenzzentrum) berichtete gemeinsam mit Emilija Tolj und Mounia Müller-Höpken (beide Immobilien Service Zentrum GmbH) über ihre Zusammenarbeit. Beispielsweise stand der Austausch von Fenstern für einen verbesserten Klimaschutz an. Die drei fragten sich: Wäre es nicht kostenbewusster und ressourcenschonender, dabei auch gleich die barrierefreie Bedienung sicherzustellen? Anstatt in einem getrennten Verfahren die Fenstergriffe und Rahmen barrierefrei anzupassen, umzubauen oder gar nachträglich komplett austauschen zu müssen? In ihrem Gespräch zeigten sie auf, wie sich aus solch kleinen Details ein allgemeines Umdenken entwickeln lässt.
Austausch? Gelungen!
Die Veranstaltung war ein voller Erfolg und ein spannendes Zusammentreffen unterschiedlicher Hamburger Akteure und Interessensgruppen. Es wurde nicht nur der große Handlungsbedarf deutlich, sondern auch viele Anregungen gesammelt, Denkanstöße gegeben und der gemeinsame Austausch gefördert. Wir danken allen Referent*innen für ihre Beiträge und den Gästen für ihre aufmerksame Teilnahme!
Unseren Fachtag Quartiersentwicklung 2025 planen wir für den 12. November, wieder von 13 bis 17 Uhr im Haus für Barrierefreiheit.